Schaut man sich die einschlägigen Webseiten, Foren und Facebook-Seiten von mantrailenden Menschen an, scheint das Thema „Hitze“ im Sommer lediglich eine große, wichtige Rolle zu spielen wenn es darum geht, wie sich die Hitze auf die Geruchspartikel auswirkt, denen der Hund folgen soll.
Es gibt seitenweise Abhandlungen im Internet darüber, wo der Hund vermutlich noch Geruchspartikel finden wird. Oder was mit dem Individualgeruch des zu suchenden Menschen passiert, wenn der Trail in der prallen Sonne liegt.
Im besten Fall wird noch darüber philosophiert, was mit den an der Zersetzung der herabgefallenen Partikel der „Mikrobial-Cloud“ der zu suchenden Person beteiligen Bakterien bei großer Hitze passiert. Schnell kommt man dann auch zu dem – durchaus richtigen Schluß – das diese Bakterien ab einer gewissen Temperatur nicht nur ihre Arbeit einstellen, sondern schlichtweg absterben (was natürlich ebenfalls den weiteren Zersetzungsprozess stoppt).
Was man leider (!) aber nur allzu selten findet, ist die Diskussion der Frage, wie sich extreme Hitze auf unsere Hunde auswirkt. Und hierbei denke ich weniger daran, wie sehr es ihre geruchlichen Fähigkeiten beeinträchtigt, sondern was mit dem Hund und seiner Körpertemperatur passiert. Oder ob es z.B. gesundheitliche Risiken gibt, wenn wir unsere Hunde bei großer Hitze trailen lassen.
Kommt zur Frage „Gesunheitliche Risiken beim Mantrailen an heißen Sommertagen“ überhaupt mal eine Diskussion zustande, wird meist schnell darauf verwiesen, wie toll die Hunde doch noch bei 28-30°C arbeiten. Die sonst zu schnellen Hunde werden endlich mal langsam, die Pfoten waren nach dem Training auch noch OK und nicht verbrannt, und auch die Nase sei noch in Ordnung. Nur recht müde waren die Hunde hinterher…
Die Körperkerntemperatur wird aber vermutlich niemand nach dem Trail gemessen haben. Denn sonst wären vielleicht nicht so locker-flockige Sprüche gefallen, oder einige Hundeführer würden vielleicht doch mal ins Grübeln kommen, ob das was sie da tun, wirklich so gut für Ihre Hunde ist…
… denn „gesundheitsfördernd“ ist Mantrailen bei Temperaturen jenseits der 25°C+ nicht mehr, auch nicht bei jungen, gesunden Hunden!
Wenn es uns Menschen im Sommer zu heiß wird, beginnen wir zu schwitzen. Kleinste Tröpfchen Schweiß dringen durch die Poren unserer Haut – und zwar am ganzen Körper – und sorgen dort durch Verdunstungskälte für Kühlung. Auf diese Weise ist es dem Menschen möglich auch bei hohen Temperaturen die überschüssige Körperwärme loszuwerden, und letztlich die Kerntemperatur relativ konstant bei 37°C zu halten.
Wir Menschen haben wirklich ein sehr gut funktionierendes "Kühlsystem", daß es uns ermöglicht, auch mit hohen Temperaturen über 30°C klarzukommen.
Hunde leiden im Sommer weitaus mehr unter der Hitze als Menschen, denn sie können nicht schwitzen! Die einzigen Schweißdrüsen die Hunde haben, befinden sich am Nasenspiegel und unter den Pfoten.
Die einzige effektive Möglichkeit die unseren Hunden bleibt, um ihren Wärmehaushalt zu regulieren, ist hecheln. Dabei atmen sie warme Luft über die Schnauze ab, und atmen kühlere Luft durch die Nase ein.
Über den auf der Zunge verdunstenden Speichel können sie in gewissem Maße ihre Kerntemperatur auch durch Verdunstungskälte regulieren.
Vergleicht man aber einmal die Dimensionen – einmal die menschliche Haut, die den GANZEN Körper umgibt, und zum anderen die im Vergleich winzige Fläche der Hundezunge – über die Verdunstungskühlung möglich ist, sollte jedem vernünftigen Menschen wohl schnell klar werden, daß die Sache mit der Verdunstung und der dadurch erzeugten Kühlung beim Hund doch ziemlich eingeschränkt ist!
Die normale Körperkerntemperatur bei einem gesunden, erwachsenen Hund liegt je nach Größe des Hundes zwischen 38,0°C – 39,0°C. Bei gesunden Welpen ist die normale Körpertemperatur mit 39,3°C etwas höher.
Ab einer Körpertemperatur von 39,5°C jedoch, hat ein Hund Fieber! Es ist also nicht wirklich „viel Luft nach oben“, wenn man von der normalen hundlichen Körpertemperatur ausgeht, bis ein Hund in den Fieber-Bereich kommt.
Ein ebenfalls nicht zu unterschätzender Aspekt im Sommer, sind die z.T. erheblich voneinander differierenden Temperaturen – sozusagen ein „Mini-Klima“. Je nachdem wo die Messung vorgenommen wird – ob auf z.B. 1,20 m Höhe oder direkt am Boden – können die Temperaturen sogar erheblich voneinander abweichen.
Während es z.B. in 1,20 m Höhe lauschige 20°C hat, kann – je nach Untergrund – die Temperatur am Boden bis zu 44°C hoch sein (Marvels of Mini Weather, The Science, 1965). Gerade im innerstädtischen Bereich, in dem viel Asphalt und Beton verbaut wird, ist dieser Effekt nicht zu unterschätzen!
Während wir Menschen uns noch in angenehmen Temperatur-Gefielden bewegen, müssen unsere Hunde beim trailen ihre Nase in erheblich wärmere Regionen stecken. Dadurch schwitzen sie natürlich noch mehr, als es ihre Menschen „da oben“ oftmals überhaupt wahrnehmen können!
Gerade auch bei Hunden kleinbleibender Rassen verstärkt sich dieser Effekt nochmals, weil sie auf Grund ihrer kürzeren Beine die ganze Zeit mit ihrem gesamten Körper in „wärmeren Gefielden“ laufen, während der Mensch „da oben“ immer noch die angenehmen 20°C verspürt. Dadurch unterschätzen viele Hundeführer durchaus – und ohne böse Absicht – daß das Trailwetter schon längst alles andere als „noch geeignet“ ist, für ihre Hunde.
An dieser Stelle gibt es im Mantrail- und Trackingbereich durchaus noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten, im Sinne der Gesundheit unserer Hunde!
Schon bei durchaus moderaten Außentemperaturen (also um die 20°C und darunter) erhöht sich die Puls- und Atemfrequenz sowie die Körpertemperatur der Hunde gravierend, wenn sie intensive Nasenarbeit betreiben. Dabei ist es unerheblich, ob sie „privat unterwegs“ sind, oder Geruchserkennung, Fährtenarbeit oder Mantrailen machen.
Bei intensivem schnüffeln atmen Hunde bis zu 300 mal in der Minute ein und aus. Dies ist körperlich sehr anstrengend und hat – wen würde es wundern – natürlich einen nicht unerheblichen Einfluß auf Ihre Vitalwerte. Schon nach knapp 15 Minuten kann durch intensive Nasenarbeit die Körpertemperatur von ca. 38°C auf sage und schreibe 40-41°C ansteigen! Wir erinnern uns: Alles ab 39,5°C beim Hund ist Fiebertemperatur!
Kommt nun noch eine deutlich erhöhte Außentemperatur im Sommer hinzu (also physische Stressoren), kann der Hund hier sehr schnell in eine durchaus lebensbedrohliche Überhitzung schliddern, wenn sein Mensch hier nicht aufpasst!
Auch dies ist eine Aussage, die man von vielen Hundeführern – meist mit stolzgeschwellter Brust – hört. Ja, natürlich werden Hunde, denen das Trailen Spaß macht und die in ihrer Arbeit aufgehen, einfach weitermachen, egal wie heiß es ist. Und oftmals zeigen sie auch kaum Anzeichen von Erschöpfung … zumindest keine, die offensichtlich mit bloßem Auge erkennbar wären.
Aber wie viele Hundeführer haben denn bitte mal die Vitalwerte Ihrer Hunde auf so einem Trail bei 30°C Außentemperatur gecheckt? Ich rate mal munter drauf los: Keiner, vermutlich!
Bedenkt man, daß die Körpertemperatur eines Hundes der intensive Nasenarbeit betreibt schon bei moderaten <20°C auf ca. 40°C ansteigt, kann sich dies bei Außentemperaturen die deutlich darüber liegen, wohl kaum bessern.
Wußten Sie, daß eine Körpertemperatur von 40-41°C beim Hund durchaus schon irreparable Gewebeschäden und/oder einen Kollaps auslösen kann? Ja, daß dies sogar zu langfristigen körperlichen Schäden führt? Oder gar zum Tod des Hundes durch Überhitzung?
In ihrem Buch „K9 Working Breeds: Characteristics and Capabilities“ beschreiben die Autoren Resi Gerritsen und Ruud Haak den Fall von 5 nicht miteinander verwandten Malinois, die nach einem Tracking-Training an Überhitzung gestorben sind.
Diese Hunde hatten längere Trainings-Trails von ca. 2,5 km bei einer Außentemperatur von 20-22°C absolviert. Also durchaus ein Temperaturbereich in dem die meisten Hundeführer sicherlich noch kein Problem damit hätten, ebenfalls auch längere Trails zu absolvieren.
Alle 5 Malinois sind am Ende ihrer Trails, als sie bei ihren Runnern angekommen waren, und sie dann zur Belohnung in die Beißarbeit übergingen an Überhitzung gestorben!
Ihre Körperkerntemperatur ist durch den langen Trail derart hoch angestiegen, daß es letztlich zuviel selbst für ihre durchtrainierten Körper wurde. Sie alle starben an Überhitzung mit Körpertemperaturen die über 41°C lagen!
Die Autoren des Buchs schlossen daraus, daß eine optimale Außentemperatur für Mantrail-Hunde zwischen 16-21°C liegt.
Und die 5 Malinois sind keine Einzelfälle. Jedes Jahr sterben auch heute Such- und Diensthunde im Einsatz an Überhitzung. Der Grund ist, daß es ohne Messung der Vitalwerte kaum möglich ist zu sagen, ob die Hunde noch unterhalb ihrer Belastungsgrenze sind, oder schon darüber. Zeigen die Hunde eindeutige Zeichen der Überhitzung, ist es meist leider schon zu spät:
2016-07: Danno, a 4-year-old Belgian Malinois, became overheated last week while tracking the suspects. (edit 07.2024: Artikel nicht länger aufrufbar)
2016-07: LR police dog dies from 'heated-related distress', Titus, who had been a member of the department for three years, was involved in a lengthy foot chase with a suspect who purportedly broke into a vehicle and stole property
2024-07: K9 Archer, 6 year-old German Shepherd, died after suffering a heat stroke on the job.
Insbesondere die vielbeschworenen „high-drive working dogs“ neigen dazu, trotz Überhitzung, und auch wenn sie sich nicht mehr so ganz wohl in ihrem Fell fühlen, weiterzuarbeiten. Ein Phänomen, daß ich durchaus auch schon bei unseren Dackeln – die ebenalls sehr begeisterte Mantrailer sind – beobachtet habe.
Wenn die Motivation für den Trail sehr hoch ist, dann werden solche Hunde nicht aufhören zu arbeiten, auch wenn ihr Körper längst schon seine Leistungsfähigkeit erschöpft hat! Hier ist es die wichtigste und vornehmste Aufgabe ihrer Hundeführer und der Trainer darauf zu achten, daß die Unversehrtheit der Hunde gewährleistet wird!
Sinnvoller als lange, und vor allem urbane Trails in praller Mittagssonne zu absolvieren (ja dies gilt auch für SAR-Hunde oder Polizei-Trailer!), ist es dann das Training z.B. in die frühen Morgenstunden bzw. sehr späten Abendstunden zu verlegen, wenn es noch oder schon wieder kühler ist.
Die Trails sollten dann trotzdem kurz und nicht zu kompliziert gehalten werden (z.B. Motivatonstrails), und möglichst in den Wald statt ins urbane Gelände verlegt werden. Daß die Hundeführer im Sommer IMMER genügend Wasser mit dabei haben sollten, ist dann eigentlich nur noch eine Binsenweisheit…
Studie: Rettungshunde kennen bei Hitze selbst keine Grenzen
Warum wir bei Hitze nicht trainieren, Work for Dogs