Mit schöner Regelmäßigkeit werden auch wir - mit Blick auf unsere Teckel und unsere Leckerchenbeutel - darauf angesprochen, daß sich nette, liebe Hunde, und natürlich vor allem kleine Hunde, sicherlich mit den Methoden der positiven Verstärkung erziehen lassen. Auch wenn diese Hunde z.B. Aggressionsverhalten zeigen, mag die "Leckerchenwerferei" sicherlich noch einigermaßen funktionieren (schließlich ist man vor allem kleinen Hunden als Mensch auch körperlich einfach schon überlegen).
Aber bei der Erziehung und Ausbildung von Arbeitshunden, und vor allem natürlich bei der Korrektur von aggressivem Verhalten, daß durch diese Hunde gezeigt wird ... also da müsse man dann bitte doch effektivere Methoden wählen. Denn bei großen Hunden, oder gar Arbeitshunden, da kommt man mit dieser albernen "Leckerchenwerferei" doch nun wirklich nicht weiter! Spätestens hier braucht es dann leider doch auch mal härtere Methoden, wie z.B. einen "Fingerstupser" in die Weichteile, einen Wasserstrahl ins Gesicht des Hundes, eine Futterschüssel die man dem Hund an den Kopf schlägt, oder einen gezielt gesetzten Stromimpuls durch das Teletakt, um ihm zu zeigen wo es lang geht. Wie sonst sollte man "solchen Hunden" deutlich machen können, wer der Rudelchef ist, oder ihm gar das aggressive Verhalten austreiben! Das müssten doch auch wir zugeben und einsehen ... oder?
Selbstverständlich kann unerwünschtes Verhalten eines Hundes durch den Einsatz aversiver Maßnahmen kurzfristig gehemmt werden. Niemand - auch wir nicht - würden dies ernsthaft bestreiten. Allerdings ist es für uns nicht nachvollziehbar, wie ein vernunftbegabter Mensch es rechtfertigt, einen Hund durch das Zufügen von Angst / Schmerzen "erziehen" zu wollen, während es heute einen stetig wachsenden Berg von wissenschaftlichen Beweisen gibt, der eindrücklich belegt, wie zerstörerisch diese Methoden sind.
Der neueste Trend bei Hundetrainern, die aversive Maßnahmen anwenden und propagieren, scheint derzeit in die Richtung zu gehen, daß man seine gewaltsamen Methoden mit geschmeidigen Euphemismen (= Formulierungen, die einen Sachverhalt beschönigend, verhüllend oder verschleiernd darstellen) zu rechtfertigen versucht: Da wird der "Hund mit verstärkten Maßnahmen geöffnet", wenn man ihm einen durchaus schmerzhaften, bis u.U. sogar gefährlichen (!) Tritt in die Weichteile verabreicht. Oder es wird dem Hundehalter versichert, daß der Hund "nicht mehr als ein leichtes Kribbeln" verspürt, wenn man ihn mit dem Teletakt einen gezielten Stromstoß verabreicht.
Greift man auf aversive Methoden als erzieherische Maßnahmen zurück, um einem Hund "Benehmen" beizubringen, wird man sehr wahrscheinlich sogar eine rasche Verhaltensänderung beim beobachten. Dies bestärkt nun wiederum die Menschen, die diese Maßnahmen anwenden darin, daß das was sie tun, tatsächlich funktioniert. Durch diese positive Belohnung (ja, die Gesetze des Lernens wirken auch für uns Menschen!) werden sich die Anwender dieser Techniken letztlich bestätigt fühlen, auch wenn der eine oder andere vielleicht kurzfristig Schuldgefühle haben mögen, weil sie derartige Methoden einsetzen "mußten", um diesen Hund zu erziehen, denn: "Es" funktioniert ja! Letztlich wird dieser nun positiv verstärkte Lernerfolg beim Menschen dazu führen, daß die Hemmschwelle zur Anwendung derartiger Maßnahmen sinkt, und dieses Verhalten (nämlich das Strafen des Hundes) häufiger gezeigt wird.
Leider unterliegen diese Menschen aber letztlich einer Täuschung, denn:
Nur weil der Hund das so bestrafte Verhalten aus Angst vor weiterer Strafe nun nicht mehr zeigt und die Menschen nun eine vermeindliche "Verbesserung" des Verhaltens beobachten können, bedeutet dies nicht, daß sich das Verhalten ihres Hundes auch tatsächlich geändert hat! Der Hund hat nämlich keineswegs gelernt, wie er sich zukünftig "besser" verhalten soll, sondern nur, daß es gefährlich für ihn ist, sich in Gegenwart seines Besitzers so zu verhalten, wie zuvor.
Die innere Motivation des Hundes (z.B. die Angst vor einem sich nähernden fremden Menschen, der ihm bedrohlich erscheint) ist immer noch dieselbe wie zuvor! Nur traut sich der Hund jetzt - aus Angst vor erneuter Strafe - nicht mehr in die Leine zu springen und zu bellen, wenn er künftig Menschen herankommen sieht. Seine ursprüngliche Motivation - nämlich die Emotion "Angst" - in dieser Situation, besteht weiterhin. Und sie wurde evtl. sogar durch die erlittene Strafe durch seinen Menschen verstärkt. Ein Teufelskreis ...
Leider wird diese Verhaltensunterdrückung durch diejenigen, die derartige Methoden im Training anwenden, als Erfolg und großartige "Rehabilitation" des Hundes gefeiert: Der Hund sei nun geheilt und verhalte sich von nun an ein besserer Hund!
Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Unterdrückung eines Verhaltens aus Angst vor Strafe ist KEINE Verhaltensänderung!
Das einzige was hier geschieht ist, daß Ihr Hund durch die erhaltene Strafe zusätzlich zu seiner ohnehin schon bestehenden Angst, weiterhin verunsichert wurde! Er hat jedoch kein sinnvolleres, besseres Verhalten - eines das er statt des alten, unerwünschten Verhaltens zeigen könnte - für seine Zukunft gelernt!
Sie haben Ihrem Hund durch die Bestrafung keine neuen Fähigkeiten beigebracht, oder ihm gezeigt, was er tun kann, um sich in Zukunft in ähnlichen Situationen besser zu fühlen, um so dann auch ruhiger und gelassener reagieren zu können. Sie haben ihm aber durch die Anwendung von Strafe sehr deutlich gezeigt, daß er mit Ihnen als Unterstützung und Hilfe in solchen Situationen nicht rechnen darf, und daß sie - im Gegenteil - noch handgreiflich werden wenn er Angst hat, statt ihn zu unterstützen und ihm zu helfen seine Angst loszuwerden!
Wenn Sie aversive Erziehungsmethoden anwenden, seien Sie gewarnt und versichtert: Ihr Hund wird SIE mit diesen negativen / schmerzhaften Erlebnissen in Verbindung bringen! Als Ergebnis wird er Ihnen nun richtig (und nun sogar mit gutem Grund!) mißtrauen, auch wenn es für Sie so aussehen mag, daß er immer noch Ihr bester Freund sei.
Erzwungene Unterwerfung Ihres Hundes wird NICHT seine Gefühle oder Motivationen ändern, aber die Wahrscheinlichkeit stark erhöhen, daß er irgendwann wieder sein altes, unerwünschtes Verhalten zeigen wird. Und wenn dies geschieht, wird sein Verhalten schlimmer sein, als es jemals zuvor war. Dies gillt insbesondere für aggressives Verhalten!
Nach dem Einsatz aversiver Methoden und Strafen, mag das aggressive Verhalten des Hundes für eine zeitlang unterdrückt werden, aber wenn der Stress / die Anspannung für ihn zu groß wird, wird das aggressive Verhalten wieder an die Oberfläche durchdringen - und dann mit größerer Intensität! Wer Feuer mit Feuer bekämpft, wird darin verbrennen
Hunde lernen nicht nur bevorzugt über Verknüpfungen, sie sind sogar wahre Weltmeister im bilden von Verknüpfungen. Allerdings sind wir Menschen nicht, bzw. nur sehr bedingt, in der Lage zu kontrollieren, welche Verknüpfungen unsere Hunde bilden, in dem Moment in dem wir aversive Maßnahmen gegen sie einsetzen. Die Folge können dann unerwünschte Nebenwirkungen von solch gravierendem Ausmaß sein, daß das ursprüngliche Problem, welches man durch den Einsatz von Strafe korrgieren wollte, im Vergleich dazu völlig harmlos wirkt.
Ja, die gibt es! Sie nennt sich Training, und beinhaltet den sinnvollen Aufbau von erwünschtem Alternativverhalten. Also einem Verhalten, daß der Hund in Zukunft statt des bisherigen, unerwünschten Verhaltens, zeigen soll. Dies geht natürlich erst, nachdem (!) Ihr Hund dieses neue, erwünschte Verhalten hinreichend häufig und auch unter Ablenkung gelernt hat.
Ganz klar: Das geht nicht in ein paar Sekunden, und schon gar nicht auf "Knopf-Druck", sondern erfordert ein bischen Zeit und (Trainings-)Mühe vom Hundehalter. Arbeitet man im Training allerdings über positive Belohnung, so daß dem Hund das Lernen vielleicht obendrein auch noch Spaß macht, geht das Lernen oftmals erstaunlich schnell vonstatten. Wir reden hier also keineswegs über "Wochen, Monate und Jahre", wie dies gern bei auf positiver Verstärkung basierten Methoden unterstellt wird, wenn über unterschiedliche Trainingsmethoden diskutiert wird!
Statt den Focus auf das unerwünschte Verhalten und damit die Strafe zu legen, legt der mit positiver Belohnung arbeitende Trainer seinen Focus darauf, Hunden neues, erwünschtes & akzeptables Verhalten beizubringen. Deshalb hat Training mit positiver Verstärkung auch nichts damit zu tun, den Hund "mit Leckerchen vollzustopfen", aber viel damit, dem Hund eine angemessene Belohnung für Wohlverhalten zu geben. Und ja, essen müssen Hunde nun einmal ... warum ihnen nicht einen Teil ihres täglichen Futters als "Belohnung" für Wohlverhalten geben?
Beim Training über positive Verstärkung geht es darum, bei jedem Hund seine individuelle Motivation zu erkennen, und diese zu nutzen, um ihm damit z.B. aus Verhaltensproblemen heraus zu helfen, und ihm alternative Verhaltensmöglichkeiten beizubringen.
Und selbstverständlich funktioniert diese Erziehungsmethode nicht nur bei kleinen Hunden, sondern auch bei großen Hunden, wie auch bei Arbeitshunden, und/oder Hunden die starke Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Denn wie alle Lebewesen, sind auch sie denselben Gesetzen des Lernens unterworfen, die sogar bei diesen "völlig unerziehbaren, immer dickköpfigen und total sturen" Dackeln funktionieren! ☺